Elternzeit = mummytime? Ja aber...

Ich wurde in letzter Zeit immer wieder gefragt, wie es dazu gekommen ist, dass meine Frau und ich uns die Elternzeit geteilt haben. Der Artikel ist zwar schon bei der lieben Jill (@lebenslust__) auf www.mia-und-jill.de veröffentlicht worden, aber aufgrund der vielen neuen Leser und Nachfragen haben Thommy und ich entschieden haben, ihn nochmals bei uns zu posten. Viel Spaß beim lesen:-).

Rückblick:

Es war im Januar 2015 als Anne und ich gemeinsam auf den Schwangerschaftstest geschaut haben. Wir konnten es kaum glauben, der Test war positiv. Wir waren endlos glücklich.

Ein paar Tage später schossen uns die wildesten Gedanken durch den Kopf. 

Meine Frau hatte Sorgen von „ein Baby – jetzt? –ist es der richtige Zeitpunkt?“ (Anne hatte ihren neuen Job erst vor 2 Monaten angenommen) bis hin zu „oh mein Gott wir bekommen ein Baby und das hat ja noch gar nichts zum anziehen.“

Bei mir glichen die Gedanken eher einem Muster: „ ICH habe Baby gemacht – GUTER Mann, GANZER Mann“.

Es war eine so emotionale Zeit, in der wir viel Glück aber auch viel Anspannung durchlebten.

Heute möchte ich euch von unserer Elternzeit erzählen. Elternzeit, was ist das eigentlich?  - Genau das habe ich mich am Anfang gefragt! Denn um ehrlich zu sein, war ich vorher eher mit der Verbesserung meines Handicaps auf dem Golfplatz als mit einem Baby und schon gar nicht mit der Elternzeit beschäftigt.

Also habe ich das gemacht, was der moderne Mann, für den das Internet kein #Neuland ist, so tut. Ich habe die Stimme meines Vertrauens gefragt – SIRI. Ihr werdet kaum glauben, was die dusselige Kuh mir als Antwort gegeben hat: „Ok, ich habe das hier gefunden“ – und es war lediglich eine Definition von Wikipedia. Ich hatte verstanden, SIRI konnte mir nicht weiterhelfen, folglich habe ich google gefragt und google hatte fast 500.000 Einträge für mich in ganzen 0,03 Sekunden zusammengesucht. Meine Güte, dachte ich, eine ganze Menge. Aber ich machte mich an die Arbeit und ackerte „alle“ Einträge durch, in sagen wir ca. 0,06 Sekunden. Nachdem ich die Einträge alle „studiert“ hatte, wurde mir im Anschluss der Bachelor of Elternzeit verliehen. Nur die Hilfe, die ich erhofft hatte, habe ich nicht gefunden. Hey klar, ich konnte jetzt sagen, welche gesetzlichen Ansprüche wir haben und wie das Finanzielle geregelt ist, aber was Elternzeit für eine junge Familie WIRKLICH bedeutet, wurde mir nicht erklärt.

Und Jetzt?

Pragmatismus der Männer kann in solchen Situationen sehr hilfreich sein, dachte ich.

Wir wussten, da ich ja jetzt den Bachelor of Elternzeit hatte, dass sich der gesetzliche Anspruch von 12 auf 14 Monate erhöht, wenn einer der Partner auch mindestens 2 Monate beansprucht. Das hörte sich für uns gut an, das wollten wir so umsetzen. Also fingen wir an, die ersten Pläne zu schmieden.

Wir haben zunächst immer mit der, wie ich sie nennen möchte, klassischen Variante gespielt. Diese Variante besagte, meine Frau nimmt 12 Monate Elternzeit und ich nehme meine 2 Monate im Sommer und wir verreisen dann in den Süden. Das hätte bedeutet, dass meine Frau sich im ersten Lebensjahr unserer Tochter, abgesehen von unserem längeren gemeinsamen „Elternzeit – Urlaub“, fast ausschließlich alleine um das Kind gekümmert hätte. Mir wäre in dieser Zeit nur der Platz als „Brötchenverdiener“ geblieben.

Erklärung: Man muss für den Ausgang dieses Artikels wissen, dass meine Frau und ich in Dresden wohnen, meine Frau dort berufstätig ist und ich in Berlin arbeite. Das bedeutet, ich wäre nur an den Wochenenden zu Hause gewesen und hätte vom Familienleben nicht wirklich viel mitbekommen.

Zurück zum Thema Elternzeit. Da wir uns im Vorfeld schon entschieden hatten, unsere Kleine mit einem Jahr in der Kinderkrippe „einzuschulen“, war die Idee mit dem längeren gemeinsamen „Elternzeit – Urlaub“ schnell verworfen, da wir so keinerlei zeitlichen Spielraum für die Eingewöhnungszeit in der Kinderkrippe gehabt hätten. 

Mist, wieder ne Idee, die nicht funktioniert,  aber hey auf zu einer Neuen!!!

Kurz gesagt, wir hatten aufgrund von „Einschulung“ etc. nicht unendlich viele Möglichkeiten. Deshalb machten wir kurzen Prozess und entschlossen uns dazu, dass meine Frau die ersten 12 Monate Elternzeit übernimmt, wir in den sauren Apfel beißen und eine, jetzt sogar, „Familien – Fernbeziehung“ führen. An die Elternzeit meiner Frau wollte ich dann die mir zustehenden 2 Monate anschließen lassen. Puh, schwere Entscheidung. Doch es kommt ja erstens immer anders und zweitens als man denkt.

Ich habe während der Schwangerschaft meiner Frau gelesen, viel gelesen, sehr viel gelesen – getreu dem Motto „be prepared“.

Wir sind dann im Juni in unseren wohlverdienten Urlaub nach Kroatien gestartet (Anne war mittlerweile schon rund – und so schön). Wir wollten 4 Wochen bleiben.

Wir haben die Zeit in der Sonne genossen, doch ehrlicherweise war es der erste Sommerurlaub, in dem wir mehr im Schatten als in der Sonne lagen. Meiner Frau ging es trotz der großen Hitze sehr gut. Wir haben unseren Urlaub bei gutem Essen, gutem Wein (ok nur für mich) und mit unseren Freunden verbracht.

In mir wuchs allerdings immer mehr der Wunsch einen wichtigeren, größeren Teil im ersten Lebensjahr unserer Tochter zu übernehmen. Also habe ich es das erste Mal angesprochen, ungefähr so: „hey schatz, ich denke darüber nach vielleicht mehr als 2 Monate Elternzeit zu machen“. An die genaue Reaktion meiner Frau kann ich mich nicht mehr erinnern, aber ich bin mir sicher, dass es Momente in unserem Leben gab, in denen sie glücklicher geschaut hat. Das Gespräch war mit einem kurzen „OK“ von ihr auch beendet – ich denke einfach, sie dachte, ich würde eventuell 3 Monate meinen. Im restlichen Urlaub war die Elternzeit dann auch kein Thema mehr. Wir haben einfach genossen in den Tag hinein zu leben, bis zu dem Moment, an dem meine Frau aus den anvisierten 4 Wochen an der Adria 3 Wochen machte.  Ihr denkt bestimmt, die große Hitze sei meiner Frau nicht bekommen, aber weit gefehlt. Anne hatte nämlich eine Vision, dass unsere Kleine auf die Welt kommt, bevor das Zimmer der Kleinen fertig ist – es war Anfang Juli, Geburtstermin Mitte September.  Jaaaaa ok, dachte ich mir, packen wir unsere Sachen, ab nach Hause, ich tausche gerne die Adriaküste gegen meinen Malerkittel bei gefühlten 40 grad zu Hause. Was aus dem Kinderzimmer geworden ist? – Mission accomplished.

Da mein Urlaub jetzt vorbei war, pendelte ich an den kommenden Wochenenden wieder zwischen Berlin und Dresden. Es war keine einfach Zeit für uns, kann ich euch sagen. Ich hatte eine Menge Zeit zum Nachdenken und habe für mich beschlossen, dass ich mich in die Elternzeit mehr einbringen möchte – kurz gesagt, ich wollte ein größeres Stück vom Kuchen...

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Irgendwann Anfang August kam das Thema Elternzeit wieder auf den Tisch und ich fasste mir ein Herz und ließ die Katze aus dem Sack, denn der Entschluss, dass ich die Elternzeit gerne „fair“ teilen würde (für jeden von uns 7 Monate) hatte sich für mich verfestigt.

Mit einer solch einer Reaktion von Anne hatte ich wirklich nicht gerechnet!!!

Ob sie sauer oder gar wütend war? Weder noch, sie hatte Verständnis! Ja genau, sie hatte Verständnis.  Das bedeutet natürlich nicht, dass ich offene Türen einrannte und meine Frau nicht Dinge äußerte wie: „vielleicht bekommen wir nur ein Kind in unserem Leben, da will ich das Jahr genießen“. Die Unterhaltung schaukelte sich jedoch etwas auf und wir wissen beide, wann wir eine Unterredung beenden müssen, damit wir nicht im Streit auseinander gehen (zwei Dickköpfe).

Nächster Morgen, gleiches Thema. Meine Frau und ich hatten uns wohl beide noch mal Gedanken gemacht und am Frühstückstisch war sie es, die die Initiative ergriff und das Thema nochmal ansprach. Sie erklärte mir, dass sie es grundsätzlich richtig findet, dass ich auch einen großen Teil der Elternzeit übernehmen möchte,  aber sie wollte das Kind schließlich stillen und möglichst viel Zeit mit ihr verbringen – ich glaube, das waren schon die sehr ausgeprägten Muttergefühle. Gutes Argument, dachte ich, denn schließlich ist, wie ich aus meiner ausgiebigen Lektüre wusste, die Muttermilch das Beste für das Kind. Aber ich entgegnete, dass sie das Kind ja 7 Monate voll stillen kann und im Anschluss, wenn mit der Breikost angefangen wird, bestände immer noch die Möglichkeit„zu zufüttern“, sei es mit abgepumter Milch oder indem sie unsere Kleine morgens und abends stillt. So hatte meine Frau das noch nicht gesehen, denke ich und das schien ein Kompromiss zu sein. Ich habe dann meiner Frau genau erklärt, wieso ich mich dazu entschlossen habe auch 7 Monate Elternzeit zu übernehmen zu wollen.

Ich weiß, dass die Liebe einer Mutter zu ihrem Kind eine ganz Besondere ist, aber die Liebe eines Vaters steht der in nichts nach.

Ich erklärte meiner Frau, dass es für mich als Vater extrem wichtig wäre, diese Zeit mit meiner Tochter zu verbringen, um eine ebenso enge Bindung zu ihr aufbauen zu können. Mütter bauen diese Bindung nachweislich schon während der Schwangerschaft und der Stillzeit auf. Für Väter ist es gerade am Anfang eher schwer. Ich war felsenfest davon überzeugt, dass eine Teilung der Elternzeit auch für die Entwicklung des Kindes immens wichtig sei, da ein Vater die alltäglichen Dinge anders regelt als eine Mutter, was nicht schlechter bedeutet. Der letzte Punkt war natürlich auch die Chance mich meinem Kind 7 Monate zu widmen und in die Rolle des Hausmannes zu schlüpfen – ja ich koche, wasche und putze.

Meine Frau hatte diese Dinge so nicht bedacht und konnte es nachempfinden und wir beschlossen, am nächsten Morgen weiter über das Thema zu sprechen und den restlichen Tag zu genießen.

Wie es am nächsten Tag mit der Entscheidung weiterging? Gar nicht, wir haben es versäumt und ich fuhr den Tag darauf wieder nach Berlin.

Am nächsten Freitag kam ich nach Hause und meine Frau hatte ein Überraschung für mich, sie machte mir ein riesiges Geschenk. Nein es war keine neue Playstation und auch kein neuer Golfschläger. Meine Frau sagte mir, dass sie sich jetzt eine Woche Gedanken zum Thema Elternzeit gemacht hat und meinem Vorschlag zustimmt. Sie erklärte mir, dass sie die Verantwortung, die ich für unser Kind während der Elternzeit übernehmen möchte, sehr zu schätzen weiß und mich in meinem Vorhaben unterstützen wolle. Ich bildete mir ein, dass Anne sich auch vor Augen geführt hat, dass wir bei einer Teilung der Elternzeit nur für die ersten 7 Monate eine Familien-Fernbeziehung führen müssen und wir den zweiten Teil ein „normales“ Familienleben führen können – auch wenn Anne 9to5 arbeiten müsse – verkehrte Welt. Nachdem wir uns nun auf diese wunderbare Variante geeinigt hatten, konnten wir uns ganz auf die Geburt unserer Tochter freuen.

Weit gefehlt, denn umso näher der Tag X, an dem aus jetziger Sicht der wunderbarste und liebenswerteste Minimensch in unser Leben getreten ist, wurde das Thema Elternzeit immer häufiger von Bekannten, Freunden und der Familie angesprochen. Da ist es wieder DAS Thema und ich dachte es nimmt kein Ende. Diese Gespräche glichen in 99% der Fälle einem Muster, wir bekamen Besuch, die Schwangere wurde bestaunt und es fiel fast immer der Satz: „Hey Anne, bald ist es geschafft und dann musst du nach der Geburt 1 Jahr nicht mehr arbeiten und kannst dich deiner Tochter widmen“. Ok dachte ich mir und fragte mich zugleich, wo kommt denn eigentlich der Vater in der Geschichte vor – mir schien es so, dass für mich irgendwie kein Platz in der Geschichte war. Aber ich ließ mich auch nicht lumpen und habe natürlich ALLEN von unserem Plan, die Elternzeit zu teilen, erzählt. Wie die Reaktionen darauf waren? Zunächst betretendes Schweigen und in den Blicken konnte man es ganz klar lesen – Panik, Panik. Ich dachte mir wieder, „hey, es ist niemand gestorben, ICH nehme nur Elternzeit“. Nachdem alle sich dann in dem Moment des Schweigens gesammelt hatten, wurde die moralische Keule ausgepackt und mir wurden indirekt Vorwürfe gemacht, „ein Kind braucht seine Mutter“ – Ja, sagte ich, seinen Vater aber auch. Ganz beliebt war auch, „kannst du das den überhaupt, für ein Kind sorgen?“ – Ja, warum denn nicht, ich habe zwei Arme, Beine und der Kopf funktioniert auch ganz gut – sollte also klappen. Es folgten für mich endlose Minuten, in denen versucht wurde uns von der dunklen Seite der Macht zu bekehren. Doch unser Entschluss stand fest und es blieb auch dabei.

So kam es dann auch, Ende September, etwas verspätet, wurde unser #supergirlminou geboren und meine Frau kümmerte sich liebevoll die ersten 7 Monate um unsere Kleine. Wir erlebten so schöne Dinge in dieser Zeit, Reisen nach Prag und Barcelona, unser erstes Weihnachtsfest als Familie und und und.

Ich pendelte an den Wochenenden (ok auch mindestens noch einmal unter der Woche, schließlich war ich addicted to #supergirlminou) von Berlin nach Dresden und der Tag X, an dem ich in meine Elternzeit starten konnte, rückte immer näher. Ich war aufgeregt, aber auch wenig verängstigt, denn meine Frau machte ihre Sache so spitze. Ich dachte nicht, dass ich ihr nur ansatzweise das Wasser reichen könne. Diese Bedenken teilte ich meiner Frau mit. Sie hat mir die Angst, eventuell auch zu versagen, einfach genommen.

Ich bin also Ende April in meine Elternzeit gestartet und meine Frau ist von 0 auf 100 wieder voll arbeiten gegangen.

Ich habe jetzt etwas mehr als sechs Monate gemeistert und muss sagen, es kommt nicht drauf an, wie die Dinge mit einem Kind erledigt werden und vom wem, sondern nur darauf, dass man es mit Liebe tut!!!

Euer Bo

weThomy#elternzeit, #job